
Katze Lissy von Ola M. – Copyright TASSO e.V.
Von Ola M., shelta-Team
Manchmal hat man es nicht einfach: Da hab ich gerade erst angefangen, mich über die zwei Striche auf dem Schwangerschaftstest zu freuen, da kamen sie schon von allen Seiten – die (meist ungebetenen) Ratschläge: „Was macht ihr denn jetzt mit den Katzen? Die stecken Euch mit Toxoplasmose an und dein Baby stirbt! Sie sollten sofort ins Tierheim.“ Und der Renner: „Ich kenne jemanden, die jemanden kennt, die wiederum eine Bekannte hat, die von jemandem gehört hat, die ein Katze hatte und es schief gelaufen ist.“
Mein Katzen, die tickenden Zeitbomben? Als Schwangere ist man allem und jedem ausgesetzt – vor allem Menschen, die fordern, dass meine Katzen ins Tierheim kommen.“ Eigentlich voller Vorfreude (und vor allem voller Schwangerschaftshormone), ist man bei solchen Kommentaren erstmal baff, ängstlich, verwirrt.
Lissy und Maciek sollen also weg? Sehr ungern – bin ich nicht so für… Also, erstmal recherchieren.
Tückisches Katzenklo
Dr. Google steht einem jederzeit mit Rat und Tat zur Seite. Im Fall von Toxoplasmose war ich also schnell grob informiert: eine Infektionskrankheit, die durch den Erreger Toxoplasma gondii ausgelöst wird. Der wiederum sitzt im Katzenkot. Und: Eine Infektion während der Schwangerschaft kann dramatische Folgen fürs Kind haben. (Nur für die Akten: Natürlich ist jede Internet-Recherche mit großer Vorsicht zu genießen).
Erreger sitzt im Katzenkot? Sofortige Erstmaßnahme: Finger weg vom Katzenklo. Das Putzen war von nun an nicht mehr mein Job. Man kann sich vorstellen, wie traurig ich darüber war, dass jetzt mein Mann die Schippe schwingen und die Hinterlassenschaften rausschaufeln musste…
Noch tückischere Salami
Die eigentliche Gefahr sitzt jedoch bei manchen im Kühlschrank: Studien belegen, dass die Hauptquelle des Toxoplasmose-Erregers eben nicht das Katzenklo ist, sondern rohes oder nicht ganz durchgegartes Fleisch. Für alle Schwangeren gilt deshalb: Finger weg von Tartar, Steaks, Salami, Mettwurst und dergleichen. Übrigens kann man sich auch über nicht ausreichend gewaschenes rohes Obst und Gemüse oder bei der Gartenarbeit anstecken. Denn der Erreger kann auch in der Erde sitzen und auf einen passenden Wirt warten.
Aus frauenärztlicher Sicht
Meine Frauenärztin erklärte mir, dass wenn sich eine Schwangere erstmalig mit Toxoplasmose infiziert, die Gefahr der Fehlgeburt besteht oder, dass das Kind mit einer Behinderung zur Welt kommt. Da habe ich ordentlich geschluckt. Wenn man aus gesundheitlichen Bedenken heraus jeden Schokoriegel fünf Mal wendet, bevor man ihn isst oder eben nicht, hängt Toxoplasmose wie ein Damoklesschwert über einem. Weiter sagte sie, dass man eine Toxoplasmose-Infektion in der Regel nicht merkt.
Beispielsweise Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen können auftreten, müssen aber nicht. Zudem denkt man bei solchen Symptomen eher an eine Grippe. Untersuchungen zufolge ist jede dritte Frau im Laufe ihres Lebens mit Toxoplasmose infiziert gewesen. Wobei einige Fachleute von einer sogar noch höheren Rate ausgehen. Das Gute an der Sache: Hat man einmal eine Infektion durchgestanden, bildet man Antikörper und ist in der Regel vor weiteren Ansteckungen geschützt.
Sie bot mir sofort einen Bluttest an. Der gehört zwar nicht zur routinemäßigen Muttervorsorge, kann jedoch schnell klären, ob man mit Toxoplasmose infiziert ist oder war. Fällt der Test negativ aus, kann man ihn in regelmäßigen Abständen wiederholen, um eine mögliche Infektion zeitnah zu erkennen und zu behandeln. Ich habe den Test (wenn ich mich recht erinnere) dreimal gemacht, immer mit negativem (also für mich äußerst positivem 🙂 ) Ergebnis. Besprecht das auf jeden Fall selbst ausführlich mit dem Gynäkologen.
Aus tierärztlicher Sicht
Mein Maciek und meine Lissy sind reine Wohnungskatzen. Der Tierarzt erklärte mir, dass hauptsächlich Freigänger Träger der Toxoplasmose sind, die den Erreger beispielsweise über den Verzehr erlegter Mäuse zu sich nehmen. Wohnungskatzen sind eher weniger betroffen, sofern sie nicht mit rohem Fleisch gefüttert werden. Denn, wie gesagt rohes und nicht durchgegartes Fleisch ist die Hauptquelle.
Der Tierarzt nahm beiden Katzen Blut ab und gab dann tatsächlich auch Entwarnung. Meine Katzen waren keine Träger der Toxoplasmose. Das ist natürlich immer nur eine Momentaufnahme. Es ist ja nicht ausgeschlossen, dass sich Katze und Kater kurz darauf dennoch infizieren.
Aus shelta-Sicht
Ein paar Büros von mir entfernt sitzt meine liebe Kollegin Heike, die verantwortlich für unser Online-Tierheim shelta ist. Ich bat sie um eine kleine Einschätzung der Katze-muss-ins-Tierheim-weil Frau-schwanger-ist-Situation. Genaue Zahlen hat sie natürlich nicht, aber durch den Austausch mit Tierheimen kennt sie das Problem, dass viele Tierheime ohnehin überfüllt sind. Als einen Grund für die Abgabe, hören die Tierheim-Mitarbeiter leider häufig auch, dass ein Kind unterwegs ist.
Aus meiner Sicht

Kater Maciek von Ola M. – Copyright TASSO e.V.
Lissy und Maciek mussten ihr Zuhause natürlich nicht verlassen. Alle (einschließlich meiner süßen Tochter) sind wohlauf. Wie ich es gehandhabt habe?
Wie gesagt, ich habe die Katzen beim Tierarzt über einen Bluttest untersuchen lassen. Wäre der Test positiv ausgefallen hätte der Tierarzt zusätzlich über eine Kotuntersuchung geklärt, ob sie tatsächlich auch Toxoplasmen ausscheiden. Da ich generell sehr vorsichtig war, habe ich mir nach jedem (wirklich nach jedem!) Kontakt mit meinen Schmusern gründlich die Hände gewaschen. Katzenklodienst übernahm mein Mann. Ging das mal nicht, habe ich mir Einmalhandschuhe übergestreift und bin selbst zur Tat geschritten. Und danach habe ich (wer hätte das gedacht) Hände gewaschen. Wenn die Katze Toxoplasmose in sich trägt, kann derjenige, der Katzenklodienst hat, die Katzentoilette auch täglich mit kochendem Wasser sterilisieren. Ihre Essgewohnheiten haben meine beide Katzen, da sie aus dem Tierschutz stammen, schon mitgebracht. Und da stand und steht Rohes nicht auf dem Menüplan. Zugegeben habe ich eine Zeit lang versucht, so richtig Gesundes einzuführen, ein Mini-Schrittchen nach dem anderen und sehr viel Zeit gelassen, wie es empfohlen wird. Ende vom Lied oder besser gesagt Ende vom Leid: tagelanges Gemiaue und mitunter Hungerstreik, was bei Katzen nicht empfehlenswert ist. Naja… Den Kontakt zu fremden Katzen habe ich prinzipiell vermieden, denn man kann ja nie wissen.
Mein Wunsch
Jede Schwangere muss für sich selbst entscheiden, wie sie vorgeht. Mein Anliegen ist aber, dass jede Entscheidung wohl überlegt getroffen wird. Dazu ist es absolut notwendig, sich die Meinungen von Fachleuten einzuholen. Denn keine Katze möchte ihr Zuhause und ihre Familie verlassen. Und jedes Kind freut sich über tierische Familienmitglieder.
Wer mehr erfahren möchte, findet hier ausführliche Informationen: Robert-Koch Institut und in der Studie „Labormedizinische Aspekte bei Cytomegalie und Toxoplasmose“ von Prof. Dr. med. Gisela Enders vom Labor Enders in Stuttgart.
Übrigens war das Thema „Katzen weggeben wegen Baby“ mit dem Thema Toxoplasmose nicht beendet, aber dazu bald mal mehr…
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Und wem noch eine Katze fehlt, findet sie hier.
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Ganz kurz,ich habe 2 Katzen, war schwanger und bin mit einem Frauenarzt verheiratet. Dies ist 22 Jahre her,ich habe immer noch Katzen, einen kerngesunden Sohn und bin immer noch verheiratet.Mein Mann riet mir damals, die Katzentoiletten nur mit Handschuhen zu reinigen,das war alles, was ich zu beachten hätte. Meine Katzen haben mich während der gesamten Schwangerschaft begleitet,sich haben auf meinen Bauch gelegen und ich habe mit ihnen geschmust wie immer. Die Folge ist, mein Sohn konnte nicht schlafen,wenn nicht ein Katze bei ihm war und dies hat sich in den 22 Jahren nicht verändert. Keiner von uns ist an Toxoplasmose erkrankt. Wenn man gewisse Verhaltensweisen wären der Schwangerschaft einhält, besteht absolut keine Gefahr.P.S. Mein Mann betreut im Quartal ca. 120 Schwangere und hatte bisher in den 35 Jahren Berufstätigkeit keine Beschwerden. Eine gute und sachliche Aufklärung Leben retten (Kind und Katze)
Vielen Dank für die ausführlichen Informationen. Ich bin zwar
a) gelernte Arzthelferin und kenne die Problematik
und
b) längst aus dem Alter raus, Kinder zu kriegen, aber dennoch begrüße ich es sehr, dass hier mit diesem Thema nochmals ordentlich Vorurteile ausgeräumt werden!!!
Liebe Grüße
Gaby Zellmer
Ich kann dich vielleicht etwas beruhigen, denn ich bin Tierarzthelferin und habe bei allen drei Schwangerschaften bis zum Mutterschutz voll gearbeitet. Ich habe mich testen lassen, alles ok und meine Kinder sind gesund auf die Welt gekommen.