Was sagt der Mensch, was versteht der Hund – und umgekehrt

Hund-hat-verstandenIm Umgang mit Hunden sollten Hundehalter möglichst genau in ihrer Signalgebung sein – das steht in Büchern und das sagen Hundetrainer. Wenn der Hund erlernt hat, sich bei „komm“ von einem gut riechenden Grasbüschel zu lösen und wieder mitzulaufen, dann ist es schwer für ihn verständlich, wenn „Komm“ auch herankommen bedeuten soll. Oder: Mal sagen wir „Sitz“, mal „Setz dich mal“. Soweit gut nachvollziehbar. An Hunde werden große Erwartungen gerichtet, uns zu verstehen und auf unsere Worte zu reagieren. Dabei achten unsere Vierbeiner auf so viel mehr und beobachten darüber hinaus Körpersprache und Stimmungslage.

Schauen wir uns das o.g. Beispiel, das Abrufen, genauer an. Hundehalterin Martina möchte in der Erziehung ihres 6 Monate alten Mischlingshundes Ben alles richtig machen. Da sie das Wort „Komm“ häufig in allen möglichen Situationen verwendet, entscheidet sie sich dafür, ein geeigneteres Wort zum Abrufen zu etablieren. Sie wählt „Hierher“. Doch irgendwas hakt noch. Martina stellt fest, dass ihr Hund mal reagiert, mal aber seiner eigenen Wege geht. Woran kann es liegen? Bei einem gemeinsamen Spaziergang mit ihrem Freund sieht dieser, dass Martina eine unterschiedliche Körperhaltung und Gesichtsmimik einnimmt: Mal aufrecht, locker und fröhlich, mal übergebeugt und angespannt, und zwar dann, wenn es unbedingt klappen soll, sie aber daran zweifelt, dass es funktioniert. Genauso unterschiedlich ist ihr Tonfall (mal freundlich, mal streng und aufgeregt).

Die Summe macht´s

Und damit sind wir beim Thema „Gesamtpaket“. Hunde nehmen unser komplettes Erscheinungsbild wahr. Nicht nur ein Wort, sondern auch die Körpersprache und unsere Stimmungslage. Nimmt Martina eine aufrechte Position beim Abrufen ein, dann ist das zwar grundsätzlich einladender für Ben, aber dennoch wirkt ihr Ärger darüber, dass er schnell noch Pferdeäpfel gefressen hat, bevor er sich in Bewegung gesetzt hat, auf ihn bremsend.

Hunde lesen das Gesamtbild – das bedeutet aber auch, dass wir das tun sollten, wenn wir sie besser verstehen wollen. Manchmal wird allein aufgrund eines Fotos nach dem Verhalten eines Hundes gefragt. Aus dem Zusammenhang gerissen, ohne die Entstehung der Situation zu kennen, lässt sich aber kaum eine Aussage treffen.

Genaues Beobachten als Schlüssel zur erfolgreichen Kommunikation

Ein Hund, der gähnt, ist nicht automatisch müde oder zeigt Beschwichtigungsverhalten. Hunde zeigen vor allem ein großes Repertoire an Konfliktlösungen, in Situationen, in denen sie mit ihrem Verhalten nicht weiter kommen oder nicht weiter wissen. Dazu gehört z.B. sich schütteln, kratzen, schnüffeln, Gras fressen, gähnen, sich übers Maul lecken.

Nehmen wir einen Hund, der sich gerade kratzt: Es kann sein, dass er zwar gern den Wohnzimmertisch nach Essen untersuchen möchte, ihm das aber von Seiten des Hundehalters untersagt wurde und er darauf mit einem Kratzen reagiert. Es kann aber genauso gut sein, dass gerade tatsächlich etwas juckt und zwickt. Wirklich einschätzbar ist das teilweise erst nach einer genaueren Beobachtung eines Vierbeiners. Zeigt er das Kratzen häufiger, wenn er etwas möchte, das aber nicht haben kann? Oder kratzt er sich in der gleichen Form ab und an, wenn er ganz entspannt im Körbchen liegt? Ein Hund, der sich schüttelt, der wurde eventuell gerade von einem anderen Hund „angeraunzt“ und schüttelt sozusagen Spannung ab. Oder er schüttelt sich, weil es angefangen hat zu regnen.

Genau hinschauen, lautet die Devise – dann steigt die Wahrscheinlichkeit, eine Situation gut einschätzen zu können. Übrigens gibt es auch von Hund zu Hund individuelle Unterschiede. Der eine kommt gut damit klar, dass sich ein Mensch überbeugt, ein Sensibelchen hingegen zeigt durch Wegducken ein deutliches Unwohlsein. Pauschale Aussagen sind fehl am Platz und verstellen den Blick auf die Vielfalt der möglichen Kommunikation. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen offene Augen, spannende  Momente und interessante Aha-Erlebnisse mit ihren Vierbeinern.

Gastbeitrag von Perdita Lübbe-Scheuermann und Frauke Loup
Hunde-Akademie Perdita Lübbe ()

Ein Gedanke zu “Was sagt der Mensch, was versteht der Hund – und umgekehrt

  1. Versuchen Sie mal einen Chow-Chow zu erziehen . Hoffnungslos. Aber deshalb habe ich einen chow. Sie hat ihr eigenes wunderschönes Köpfchen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert