
Frei nach dem Motto: Hypnose hilft. Die leicht verärgerte, weil hungrige, Katze hat sich zurückgezogen und löchert uns mit ihrem Blick. ©Alexandra Mancuso/TASSO e.V.
Von Ola M., shelta-Team
Leider futterte unsere Lissy bis vor kurzem eher weniger hochwertige Nahrung. Das liegt nicht an Geiz unsererseits, sondern an ihren Vorlieben, die sie bereits aus dem Tierheim und ihrem Leben davor mitgebracht hatte. Sie war in ihrem fortgeschrittenen Alter recht festgefahren. Lange mussten wir suchen, um zu finden, was gegessen wurde. Der Versuch einer Umstellung auf anderes Futter wurde mit einem Hungerstreik und pausenlosem Gemiaue quittiert.
Nach dem letzten Tierarztbesuch wurde es jedoch dringend notwendig, an Lissys kulinarischer Welt zu schrauben.
Wieviel Wasser ist normal?
Bereits vor dem Termin hatten wir Sorgen. Lissy trank auffällig viel: Ein ganzer Napf Wasser wurde täglich geleert und sogar ausgeleckt. Diesen Hinweis nahm die Tierärztin zum Anlass, ihr Blut abzunehmen. Einen Pieks, eine aufgeregte Katze, und einige Zeit später erklärte uns die Tierärztin, dass die Messung des Blutzuckerspiegels die Vermutung nahelege, dass Lissy eine ganz Süße sei – und zwar im wörtlichen Sinne.
Plötzlich stand Diabetes im Raum. Tierärzte unterscheiden zwei Formen: Bildet die Bauchspeicheldrüse gar kein Insulin mehr, handelt es sich um den Typ-1-Diabetes. Katzen leiden jedoch häufiger unter dem Typ-2-Diabetes, bei dem das gebildete Insulin seine Wirksamkeit verloren hat. Die Symptome sind zum Beispiel, wenn die Katze größere Mengen als üblich trinkt und verstärkt das Katzenklo aufsucht. Einige Katzen essen auch mehr und verlieren dennoch an Gewicht.
Fructo-was?
Katze auf dem Behandlungstisch bedeutet immer Stress (für alle Beteiligten), vor allem wenn Spritzen ins Spiel kommen. Da der kätzische Blutzuckerspiegel in Stresssituationen steigt, sollte auch immer zusätzlich der Fructosaminwert bestimmt werden – lernte ich von der Tierärztin. Fructosamin: Der Fachbegriff für Langzeitblutzucker. Das ist eine besondere Zuckerform, die Aufschluss über den normalen Blutzuckerspiegel der letzten zwei bis drei Wochen gibt und nicht durch akuten Stress beeinflusst wird. Gesagt, getan.
Und ja, meine Katze hat Diabetes. „Das ist heutzutage kein Problem“, sprach die Veterinärin, „einfach zweimal täglich Insulin spritzen, und die Katze kann noch lange glücklich leben.“
Der Teufel steckt im Detail
Die Sache ist bei Lissy nicht ganz so einfach. Eine zielführende Insulinbehandlung wäre unmöglich, denn seit gut 15 Jahren frisst Lissy über den lieben langen Tag verteilt, was andere Katzen in einem Zug runterschlingen. Die Insulinmenge muss exakt auf die Futtermenge abgestimmt und möglichst zeitnah gespritzt werden. Soll ich der Katze nun den ganzen Tag (und Nacht!) lang hinterherlaufen und sie nach jedem Mini-Häppchen ein wenig pieksen? Wird schwer. Was nun?
Diabetes ist kein Zuckerschlecken

Im weiten Bogen um den Napf. Diabetes ist halt kein Zuckerschlecken.
In diversen Internetforen berichten Katzenhalter, dass sie allein durch eine Ernährungsumstellung eine Normalisierung der Blutzuckerwerte herbeigeführt hätten. Grundsätzlich sollten alle Katzen eher kohlenhydratarm fressen. Dies gilt insbesondere für eine diabetische Katze. Denn je weniger Kohlenhydrate sie aufnimmt, desto weniger Zucker muss sie verwerten. Das wiederum bedeutet, dass auch weniger Insulin gebraucht wird. Wir hofften, komplett auf Insulin verzichten zu können.
Also, Ernährungsumstellung. Augenblicklich hatte ich wieder das aufdringliche und unverschämte Miauen meiner süßen Katze in den Ohren. Den Speiseplan einer Katze zu ändern ist ähnlich aussichtsreich wie der Versuch, übers Wasser zu laufen.
Aber dieses Mal war es ernst. So steckten wir alle Hoffnung in ein neues Futter. Der Markt ist voll von Spezialnahrung für diabetische Katzen. In der Regel kostet das Futter das Doppelte oder Dreifache und ist meiner Meinung nach unnötig. Es genügt, ein Futter mit einem möglichst hohen Fleischanteil und wenig Kohlenhydraten auszusuchen. Das Internet bietet sogar Kohlenhydratrechner für Katzenfutter an. (Wobei das Ergebnis immer nur ein Schätzwert ist. Zudem unterliegen die Angaben auf den Futterverpackungen selbst größeren Schwankungen, die dann schon das Ergebnis verfälschen könnten.) Also stand ich eine Stunde lang im Tierbedarfsgeschäft und verglich alle möglichen Futtersorten, inklusive Geschmäcker.
Gesucht, gefunden, gekauft, angeboten, verschmäht.
Schritt für Schritt
Das neue Futter stückchenweise dem alten zuzufügen, wurde schnell durchschaut und mit einem grimmigen Gesichtsausdruck und natürlich dem obligatorischen Gemiaue gestraft. Was nun? Durchhalten! Schließlich geht es um Leben oder einen verfrühten Tod. Also hielten wir durch, während sich die mürrische alte Katze glücklicherweise doch noch dem Napf näherte und hie und da einen Happen riskierte.
Wichtig, Fettleber-Gefahr: Katzen dürfen nicht allzu lange hungern. Verweigert der Stubentiger das Essen, geht sein Körper an seine Fettreserven. Kommt die Leber mit der Fettmenge nicht zurecht und lagert sie ab, droht der Tod.
Hoffnungsvoller Gang zum Tierarzt
Es hat geklappt: Futter angenommen. Es hat Nerven und Ausdauer gekostet (auf allen Seiten), aber die Umstellung hat funktioniert. Lissy isst, was wir ihr vorsetzen. So weit, so gut. Nach einer Woche, in der ausschließlich das neue Futter gegessen wurde, stand die nächste Blutuntersuchung an. Und wieder wurde gepiekst, getestet und gehofft.
Und dann die erlösende Nachricht: Der Blutzuckerwert ist im Normalbereich. Wir haben also eine Diabetes-freie Katze – Juhu! Allein durch eine Futterumstellung haben wir eine unmöglich durchzuführende Insulinbehandlung verhindert.
Die Umstellung ist nun mehrere Monate her, und allen geht es gut. Seitdem füttern wir zweimal täglich ein hochwertiges, eiweißreiches und stärkearme Nassfutter und abends ein kleines bisschen ebenso hochwertiges Trockenfutter. Es liegt in der Natur der Dinge, dass Trockenfutter reicher an Kohlenhydraten ist als Nassfutter. Deshalb kommt es nur einmal am Tag und in winzigen Mengen auf den Tisch.
Viele haben Pech
Viele Katzen müssen mit Insulin versorgt werden. Hierzu wird ihnen zweimal täglich nach der Mahlzeit die entsprechende Dosis gespritzt. Der Zeitpunkt nach der Mahlzeit ist wichtig, denn spritzt man vorher und die Katze verweigert dann das Futter, besteht die Gefahr einer Unterzuckerung. Einigen wenigen Katzen bleiben die täglichen Insulinspritzen erspart, denn sie sprechen auf Antidiabetika an, Tabletten die den Körper bei der Produktion von eigenem Insulin unterstützen.
Neben Insulin und kohlenhydratarmem Futter braucht jede Katze vor allem eines: die Liebe und Fürsorge. Und die kriegt sie, unsere Lissy, die Süße.
Pingback: Einer fehlt – Wenn ein Haustier stirbt | Blog von shelta – Online Tierheim
Hallo Zusammen,
also mein Großer (12J.) hat sein fast zwei Jahren Diabetes.
Wir messen jeden Morgen und Abend mit dem Accu-Chek seinen Zuckerwert, (mit dem was auch wir Menschen ), danach bekommt er sein Futter und wenn er fertig ist spritzen wir die entsprechende Einheit an Insulin.
Es klappt super und mein Moritz ist mittlerweile schon dran gewöhnt und hat sich recht gut einstellen lassen. Und mein Tierarzt ist zufrieden mit Ihm und ist zugleich fasziniert, wie gut alles mit Ihm klappt, weil beim Tierarzt ist er der schlimmste Kater der Welt.
Diabetes ist heutzutage auch bei unseren Vierbeinern super zu behandeln und da bi. Ich auch froh drüber.
Wünsche allen einen schönen Sonntag.
Danke für den Bericht. Gut zu wissen, das man mit Futterumstellung viel erreichen kann.