Von Ola M., shelta-Team.
Auch bei einem Hund drückt ab und an die Blase. Selbstverständlich zieht sich der verantwortungsbewusste Hundehalter Schuhe und Jacke über und stapft mit Hund durch den Stadtpark. Und da nimmt das Grauen seinen Lauf.
Auch ich, eigentlich hundelos lebend, komme manchmal in den Genuss dieser Prozedur: Bewaffnet mit einer Rolle kleiner schwarzer Tüten (gibt´s die eigentlich auch mit Rosenduft?), drehe ich mit dem Shih Tzu-Mischling Pepe meiner Freundin Anna* die Hoffentlich-nur-Pipi-Runde. Hoffentlich-nur-Pipi machen, schnuppern, spielen und irgendwann wieder entspannt nach Hause kommen – so zumindest die Theorie.
Pepe ist halt so!
Pepe ist ein wahrer Charmeur, süß und niedlich, leidet aber scheinbar unter partiellem Hörverlust – zumindest in den Momenten, in denen man etwas von ihm möchte. Und genau in diesen Momenten wird aus dem zuckersüßen Charmeur ein aufgebrachter – sehr aufgebrachter – und sehr laut bellender und quietschender Charmeur, dem ich am liebsten Hörgeräte anlegen würde. Wann auch immer etwas Interessantes am Horizont auftaucht, dreht Pepe total auf. Er zerrt an der Leine, strampelt sich in Rage, eine riesige Staubwolke entsteht durch das Gerangel. Ein Kampf mit der Leine scheinbar auf Leben und Tod beginnt. Binnen Sekunden wird aus dem kleinen Mischling Typ „Sofakissen“ ein Adrenalin-Monster, das akustisch nichts mehr wahrzunehmen vermag. Partieller Hörverlust eben.
Obwohl seine Ohren in der Regel ganz gut funktionieren. Nur nicht bei Anweisungen, Befehlen, Bitten, Flehen oder Schimpfen (auch stille Gebete funktionieren nicht!). Holt man aber die Leckerli-Tüte aus dem Küchenschrank, kann der scheinbar invalide Hund noch so tief schlafen, sogar in einem anderen Raum, ja sogar auf einer anderen Etage des Hauses, gehört wird es allemal.
Annas Kommentar: „Das ist halt Pepe, er ist halt unerziehbar und halt auch viel zu alt und er hat halt auch seinen eigenen Kopf. Pepe ist halt so!“
Ist Pepe tatsächlich so?
Fachleute gibt´s jeder Ecke: Ob der hilfsbereite Herr im Park, der mithilfe seiner Leckerli-Tüte stets die volle Aufmerksamkeit seines bereits leicht übergewichtigen Pudels erhält, oder der für seine feschen T-Shirts bekannte TV-Hundetrainer – Hilfe kriegt man, aber Kompetenz erkennen muss man eben doch selbst. Allen Ratgebern gemein ist, dass sie das Verhalten von Hund auf den Menschen zurückführen. Ist am Ende Anna Schuld, wenn sich Pepe zum Tornado entwickelt? Und wer kann da helfen? Der einfachste Weg führt dann wohl wahrscheinlich in eine Hundeschule.
Pepe könnte auch anders.
Ich bin mal ein paar Büros weiter gelaufen, hab mich mal umgehört und bin bei meiner lieben TASSO-Kollegin Lucille gelandet. Sie hat mit ihrer Labrador-Hündin Abby eine recht entspannte Zeitgenossin. Da steckt aber eine ganze Menge Arbeit drin, denn Abby hat wohl nicht die besten Erfahrungen mit Menschen gemacht, bevor sie von Lucille adoptiert wurde. Lucille sagt klipp und klar: „Wenn Hund und Mensch sich nicht einig sind, kann das nur zwei Gründe haben. Entweder, man versteht sich nicht: keine Ahnung, was das andere Ende der Leine will! Oder man will sich nicht verstehen: ist mir doch egal, was das andere Ende der Leine will!“
Und wenn man an diesem Punkt selbst nicht weiter kommt, braucht es eben Fachwissen. Lucille hat mit Abby eine Hundeschule besucht. Und aus einem Gespräch mit ihr habe ich ein paar Tipps für Euch, wie Ihr an einen guten Hundetrainer kommt.
Allen voran: Es gibt gute Hundeschulen und etwas weniger gute. Beurteilt die Hundeschule nicht nach der Homepage. Egal ob schön oder hässlich, weder Homepage noch Preis sprechen für oder gegen Qualität. Lucille hat so einige Hundeschulen besucht, bevor sie sich entschieden hat, und durfte oft auch kostenlos zuschauen, wenn andere Hunde trainiert wurden. Manchmal ist sogar eine kostenlose Probestunde möglich.
Wichtig ist auch: Fühlt Euch wohl beim Hundetrainer. Es muss Spaß machen, und zwar an beiden Enden der Leine. Er darf Euch nicht sein Ziel für Euren Hund aufzwingen, sondern arbeitet mit Euch an Euren Zielen. Er bildet sich regelmäßig fort und weist das auch nach (läuft bei Nachfrage möglichst nicht rot an und kommt auch nicht ins Stottern). Im Idealfall arbeitet Ihr im Einzelunterricht. Aber ein guter Trainer kann auch Gruppen von vier bis sechs Hunden, die niveaumäßig zueinander passen, gleichzeitig trainieren.
Ein guter Hundetrainer vermittelt Euch Fachwissen, erklärt Körpersprache und Ausdrucksverhalten Eurer Hunde und arbeitet an einer vertrauensvollen Beziehung. Denn nur die schafft eine starke Basis, damit selbst Hunde wie Abby entspannt durch den Alltag gehen können. Und damit gerade der Alltag gut funktioniert, übt ein guter Hundetrainer den Umgang mit allen möglichen Umweltreizen und an verschiedenen Orten. Er achtet darauf, dass der Hund nicht ortsbezogen lernt. Das heißt: Was im Stadtpark und zuhause funktioniert, muss auch im Einkaufszentrum und auf dem Parkplatz funktionieren. Im Übrigen vermeidet er es auch, Eure Hunde selbst in die Hand zu nehmen, weil Hundeerziehung nun mal personenabhängig ist. Und am Ende sollt Ihr ja mit Euren Hunden auf einer Wellenlänge liegen. Wenn ich Abby so betrachte, bin ich auch bei Pepe sehr zuversichtlich, dass es doch noch klappt.
Mein lieber TASSO-Kollege Mike (ein wandelndes Gesetzbuch, eine Ansammlung aller möglichen Studien im Tierschutz und Halter von Hund Sam, dem gemütlichsten Boxer-Mischling aller Zeiten) gab mir noch Folgendes auf den Weg, das ich mit Euch teilen möchte: Seit August 2014 ist die gewerbsmäßige Hundeausbildung erlaubnispflichtig. Im Sinne der Tiere und des Tierschutzes will der Gesetzgeber damit Mindestqualitätsstandards sicherstellen. Daher benötigen jede Hundeschule und jeder Hundetrainer eine Erlaubnis nach §11 Ziff. 8 TierSchG. Wer aufgefordert wird, seinem Hund ein Stachelhalsband anzulegen oder Elektroreizgeräte anzuwenden, sollte auf der Schwelle umkehren! Untersuchungen zeigen, dass die Anwendung von Stachelhalsbändern mit teilweise erheblichen Schmerzen und Schäden verbunden ist. Der Einsatz kann unter anderem zum Durchstechen der Haut oder der Luftröhre, Quetschungen von Kehlkopf, Schilddrüse und Halsarterien sowie zur Traumatisierung der Hals- und Rückenwirbelsäule führen. Darüber hinaus sind auch psychische Leiden, wie zum Beispiel schmerzinduziertes Angst- oder Aggressionsverhalten belegt. Der Einsatz von Elektroreizgeräten, wie beispielsweise Teletaktgeräten, ist nach § 3 Nr. 11 Tierschutzgesetz ohnehin und zu Recht verboten.
Ich wünsche Euch allen einen erfolgreichen und spaßigen Hundeschulbesuch! Falls ich es schaffe, Anna von einer Hundeschule zu überzeugen, seid Ihr die Ersten, die davon erfahren.
* Name geändert.
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